Im Laufe der Kirchengeschichte sind drei Täuferbewegungen entstanden, die auch Gemeinden in der Schweiz haben: Die Mennoniten (entstanden während der Reformation, weltweit mehrere Mio. Mitglieder), die Baptisten (entstanden anfangs 17. Jh. und heute die grösste Täuferbewegung weltweit), die ETG / Neutäufer (entstanden ab 1830 in der Schweiz; heute die kleinste Täuferbewegung).

Mennoniten / Alttäufer
Die Mennoniten- oder Alttäufergemeinden haben ihren Ursprung in der Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts. Einige radikalere Mitarbeiter des Zürcher Reformators Zwingli trennten sich von ihm, um eine vom Staat unabhängige Gemeinde zu bilden. Die heute 14 Mennoniten-/Alttäufer-Gemeinden der Schweiz sind alle in der Nordwestschweiz, zwischen Langnau i.E., Basel und La Chaux-de-Fonds angesiedelt und in der Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) zusammengeschlossen. Mehr unter www.menno.ch.
Les communautés évangéliques mennonites tirent leur origine du mouvement anabaptiste du 16e siècle. Quelques collaborateurs de Zwingli, plus radicaux que le réformateur de Zurich, revendiquèrent et s'appliquèrent à former une Eglise indépendante de l'Etat. Les 14 communautés présentes dans le nord-ouest de la Suisse sont réunies au sein de la Conférence Mennonite Suisse (CMS). Plus d'informations sur www.menno.ch.
Die ersten Baptisten waren nach Amsterdam geflüchtete englische anglikanische Puritaner. Einer ihrer Leiter, der frühere anglikanische Priester John Smyth, kam durch Selbststudium zur gleichen Erkenntnis wie die Schweizer Täufer um Zwingli (1525), nämlich dass nach dem Vorbild des Neuen Testamentes zur christlichen Kirche nur Personen gehören sollten, welche den von Gott gewirkten Glauben an Jesus Christus persönlich angenommen haben und bekennen. Er gründete 1609 in Amsterdam die erste "Gemeinde gläubig getaufter Christen" (so die Selbstbezeichnung der bald so genannten Baptisten = Täufer). Mehr unter www.baptisten.ch.

Evangelische Täufergemeinden
Der Gründer der Evangelischen Täufergmeinden (ETG), Samuel Heinrich Fröhlich, geboren 1803, war ausgebildeter Pfarrer. Nur wenige Jahre nach seiner Anstellung wurde er von der Kirchenbehörde entlassen. Oft auf der Flucht reiste er vor allem durch die deutschsprachige Schweiz, durch Süddeutschland und durch das Elsass. An vielen Orten entstanden Gemeinden, die sich auf ihn beriefen. 1984 haben sich rund 20 Gemeinden aus der Schweiz und 10 Gemeinden aus Süddeutschland zum Bund Evangelischer Täufergmeinden zusammengeschlossen. Mehr unter www.etg.ch.
Weitere Informationen sind auf den Websites der drei Täuferverbände zu finden.

Links zum Täuferjahr 2007


Ein kurzer historischer Überblick zur Täufergeschichte

"Widertöüffer" — Für manche Zeitgenossen waren sie fromme Spinner, für die offizielle Kirche gefährliche Ketzer, für die Obrigkeiten aufrührerische Rebellen. Europaweit wurden sie deswegen diskriminiert und verfolgt, inhaftiert und gefoltert, enterbt und enteignet, ausgeschafft und hingerichtet.
Eine Minderheit jedoch achtete sie als Menschen, die mit Ernst Christen sein wollten, und schätzte sie als Nachbarn, auf die man sich verlassen konnte, weil sie das zu leben versuchten, was sie glaubten.
Wer waren diese "Anabaptisten", die sich weigerten, den offiziellen Gottesdienst zu besuchen, Eide zu schwören und Kriegsdienst zu leisten — und dafür oft einen hohen Preis zu zahlen bereit waren?

Die Anfänge der Täuferbewegung liegen in der Reformationszeit im 16. Jahrhundert. Anders als das mit Zwang durchgesetzte Modell der Volkskirche schwebte den Taufgesinnten eine auf freiwilliger Mitgliedschaft basierende, obrigkeitsunabhängige Gemeinde vor. 1525 begannen ehemalige Mitarbeiter Zwinglis in Zürich mit der Taufe von Erwachsenen, welche auf diese Weise freiwillig ihren Glauben bezeugten. Etwa gleichzeitig entstanden auch andernorts in Europa ähnliche Bewegungen.

Durch ihre Kritik an einer in ihren Augen unheilvollen Allianz von Kirche und Obrigkeit zogen die Täufer bald den Zorn der Mächtigen auf sich. Trotz rasch einsetzender Verfolgung verbreitete sich die nach einem ihrer Leiter — dem Niederländer Menno Simons (1496–1561) — zunehmend auch als "Mennoniten" bezeichnete Bewegung vorerst rasch quer durch Europa. Systematisch verschärfte Repression trieb das Täufertum aber immer mehr in die Isolation. Dies half mit, den Boden zu bereiten für wachsende gesellschaftliche Absonderung und eine bisweilen auch theologische Enge mit teils schmerzhaften Fehlentwicklungen. Inner-täuferische Konflikte führten 1693 zur Entstehung der Amischen.

Intensive Verfolgung hat in der Schweiz das Täufertum bis 1700 vorerst fast völlig ausgemerzt. Nur im Emmental konnten sich Gemeinden trotz Diskriminierung kontinuierlich bis in die Gegenwart halten. Spuren täuferischen Glaubens mit schweizerischen Wurzeln ziehen sich aber via Auswanderung und Flucht u.a. in den Jura, ins Elsass, in die Pfalz und nach Nordamerika, wo heute Hunderttausende von Nachfahren jener frühen Emigranten leben.

Erst mit Aufklärung und Französischer Revolution begann auch in der Schweiz der äussere Druck nachzulassen. Einflüsse aus Pietismus und Erweckungsbewegungen im 18. und 19. Jahrhundert liessen die mennonitischen Gemeinden anwachsen und zu neuem Leben finden. Jetzt entstanden aber auch neue, dem älteren Täufertum verwandte Kirchen, welche sich seit den 1830er Jahren auch in der Schweiz ausbreiteten: Neben den Baptisten sind dies namentlich die Evangelischen Täufergemeinden ("Neutäufer").

Ein geschwisterliches Miteinander von Landes- und Freikirchen war allerdings auch jetzt noch lange nicht der Normalfall. Erst allmählich hat das Gegeneinander einem Nebeneinander oder gar einem Miteinander Platz gemacht.

Licht und Schatten — das kennzeichnet auch die Geschichte der Täufer. Etliche Fragen von damals verfügen bis in die Gegenwart über Aktualität und Brisanz. Und noch heute werden manche Antworten unterschiedlich ausfallen. Aber wenn wir uns eingestehen, dass jede eigene Erkenntnis "Stückwerk" ist, dann könnte uns dies — hüben wie drüben — frei machen, die Andersartigkeit des andern nicht als Bedrohung, sondern als hilfreiche Ergänzung zu sehen, und sie als Einladung zum Dialog und zum Überdenken eigener Positionen dankbar anzunehmen.

Hanspeter Jecker
Theologisches Seminar Bienenberg
10.2006


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